Ausschnitt aus einem indischen Bollywood-Filmplakat: Love Story, 1981

Unmögliche Liebesgeschichten

Im indischen Leben der 1970er bis 2000er Jahre führten Liebesgeschichten, die aus Sicht der Familie oder Gesellschaft nicht sein durften, oft zur Trennung des Paares. War die Frau zu diesem Zeitpunkt schwanger oder bereits Mutter, blieb ihr in aller Regel keine Möglichkeit, das Kind zu behalten (siehe auch die Geschichte «Ledige Mütter» oder «Das Kind behalten»)

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Handgeschriebener Brief einer Adoptionsvermittlung an ein adoptiertes Kind

Die ehemalige Leiterin einer indischen Adoptionsvermittlungsstelle schickt einem zwischenzeitlich 31-jährigen Mann einen Brief mit Informationen zu seinen Eltern, die aus gesellschaftlichen Gründen nicht heiraten konnten. Quelle: privates Archiv

Die ehemalige Leiterin einer indischen Adoptionsvermittlungsstelle schickt einem zwischenzeitlich 31-jährigen Mann einen Brief mit Informationen zu seinen Eltern, die aus gesellschaftlichen Gründen nicht heiraten konnten. Quelle: privates Archiv.

Amba und Daniyal: Hindu und Moslem

Amba und Daniyal[FN1 Die Geschichte von Amba und Daniyal wurde Andrea Abraham in einem Interview erzählt, welches sie im Mai 2023 in der Schweiz mit dem Sohn von Amba und Daniyal führte.] (Namen geändert) verliebten sich Ende der 1960er Jahre in einer nordindischen Stadt. Amba stand in der Ausbildung zu Pflegefachperson, Daniyal war Arzt. Ihre Liebesbeziehung wurde kompliziert, als Amba schwanger wurde. Amba stammte aus einer brahmanischen Familie, der höchsten Kaste (indisches Kastensystem) innerhalb der Hindu-Gemeinschaft. Mit ihrer Liebesbeziehung zu Daniyal nahm Amba eine Entscheidung vorweg, die ihre Eltern treffen wollten: Die Wahl ihres Ehemannes. Obschon Daniyal einen sozial anerkannten Beruf ausübte, schuf sein muslimischer Hintergrund eine für Ambas Familie unmögliche Ausgangslage für ein weiteres gemeinsames Leben der Beiden (Religionen in Indien).

Foto aus einem muslimisch geprägten Quartier im südlichen Mumbai. Während der Alltag von multireligiösem Zusammenleben geprägt ist, waren Heiraten zwischen Muslimen und Hindus in den 1970er bis 2000er Jahren kaum möglich oder mit grossen Herausforderungen verbunden. Foto: Andrea Abraham, Februar 2023.

Der Mughal Masjid Moschee in Mumbai, welche 1860 gebaut wurde und die historische Präsenz muslimischer Gemeinschaften in ganz Indien symbolisiert. Quelle: Andrea Abraham, Februar 2023.

Foto der Mughal Masjid Moschee in Mumbai, welche 1860 gebaut wurde und die historische Präsenz muslimischer Gemeinschaften in ganz Indien symbolisiert. Quelle: Andrea Abraham, Februar 2023

Amba wurde von ihren Eltern gezwungen, ihren Ausbildungsort zu verlassen, bis zur Geburt weg zu ziehen und ihr Kind danach wegzugeben. Nachdem sie 1969 ihren Sohn zur Welt brachte, übergab sie ihn in Delhi einer von Mutter Teresa geführten Missionaries of Charity Institution. Ihr Onkel unterzeichnete die Verzichtserklärung (s. unten), die besagte, dass Amba ihr Kind nicht behalten will. Danach kehrte Amba in das Dorf ihrer Herkunftsfamilie zurück und wurde mit einem für sie ausgewählten brahmanischen Mann verheiratet, mit welchem sie später drei Kinder hatte. Ihren ersten Sohn, den die Nonnen in Anlehnung an Papst Paul VI "Paul" nannten, sah sie nie wieder.

Video

Video von Paul Vezin (adopierte Person) über die Suche nach seiner Herkunft

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0:02
You know, I was given up for adoption when I was eight days old.


0:09
So I was more than young and my life was very early linked to the orphanage of Mother Teresa.


0:20
So I was with her until I was three years old.


0:26
After that I was given up for adoption in France.


0:35
I met Mother Teresa again when I was 10 years old in Lyon during a very big meeting, let's say in front of very, very large assembly.


0:46
So I met her again.


0:48
It was emotional.


0:50
But in the meantime,it's now an old memory and when you are 10 years old, it's quite hard to say, it's emotional.


0:59
It was emotional.


1:03
She named me Paul, because I came back with the same plane as Pope Paul VI in the plane.


1:11
When I came back to Europe, it was in 1967.


1:18
It was very important for me to discover my roots.


1:20
It was a deep feeling to  know where you come from.


1:24
This is the questions that I heard every day of my life: Where do you come from, where do you come from?


1:29
And this is the questions I was not able to answer.


1:45
When I had my first child I was 25 years old.


1:49
Of course it was very important for me to go back to India.


1:52
It began to be very important for me.


1:54
I just said to myself, if one day he asked me, "hey dad, where do you come from?"


2:02
I was not able to answer one more time.


2:05
And I just said that have to give him some answer.


2:08
And I came back to India for the first time when I was 30 years old.


2:16
When I went back, of course I tried to find my mother there.


2:21
The family was originally from Lucknow, so I went there directly to find my family and she was belonging to quite a rich family.


2:32
So that's why I had all the papers with me, all the details, the address of the family also.


2:38
That's why I was able also to to find them.


2:41
I went to India also with my children when they were young and now my children, they go on their own.


2:48
So I was, I'm very proud of that.


2:51
I also began to learn Hindi so to be closer to my roots.

Video Paul Vezin

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Verzichtserklärung für ein Kind

Verzichtserklärung für ein Kind, die ein Mann 1964 stellvertretend für seine Schwester formulierte und unterzeichnete, bevor er das Kind den Missionaries of Charity übergab.

Ajanae und Fardad: Jain und Parse

Die Liebesgeschichte von Amba und Daniyal endete noch während der Schwangerschaft. Andere gemischtreligiöse Paare versuchten, gegen die Unmöglichkeit ihrer Liebe anzukämpfen. So Kavindras Eltern Ajanae und Fardad (Namen geändert), die trotz ihrer unterschiedlichen Religionen in den 1980er Jahren im Bundesstaat Karnataka, eine Beziehung eingegangen waren.[FN2 Die Geschichte von Ajanae und Fardad wurde Andrea Abraham von einer Adoptivmutter erzählt, die sie im Februar 2023 in einer Schweizer Stadt interviewte. Es handelt sich hierbei um die leiblichen Eltern ihrer Adoptivtochter Kavindra.] Ajanae gehörte der Jain-Religion an und Fardad war Parse und somit der zoroastrischen Religion zugehörig.

Parsischer Tempel in Bangalore, der Hauptstadt des indischen Bundesstaats Karnataka

Parsischer Tempel in Bangalore, der Hauptstadt des indischen Bundesstaats Karnataka (Quelle: Nvvchar, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons).

Nachdem sich unzählige westliche Hippies ab den frühen 1970er Jahren an der indischen Westküste niedergelassen hatten, wurde in Goa im Bundesstaat Karnataka, ein Ort für vielfältge Lebensentwürfe geschaffen. Hier versuchten Ajanae und Fardad, unabhängig von ihren Herkunftsfamilien zu leben.

In Goa trafen ab den 1970er Jahren unterschiedliche Welten aufeinander: Reisende aus dem globalen Norden beendeten hier oftmals ihren „Hippie-Trip“, während die lokale Bevölkerung sich mit den Auswirkungen auf ihre Lebensweisen arrangierte und christliche Nonnen ihre missionarische Arbeit verrichteten.

Doch mit der Geburt der gemeinsamen Tochter Kavindra im Jahr 1993 veränderte sich die Ausgangslage. Fardad verliess seine Partnerin und das Kind nach einigen Monaten. Er kehrte in seine Herkunftsfamilie zurück und wurde sogleich mit einer Frau aus seiner parsischen Gemeinschaft verheiratet. Somit wählte seine Familie ein für ihn vorgesehenes, sozial konformes Ehe-Arrangement und beschloss damit seinen weiteren Weg. Kavindras Mutter Ajanae sah sich in dieser Situation gezwungen, ebenfalls in ihre Herkunftsfamilie zurückzukehren. Dies wurde ihr aber erst erlaubt, nachdem sie die zwischenzeitlich 14 Monate alte Kavindra in einer Institution der Missionaries of Charity abgegeben hatte. Von dort wurde Kavindra durch die Waadtländer Adoptionsvermittlerin Helga Ney in die Schweiz vermittelt und wuchs mit zwei weiteren aus Indien adoptierten Kindern bei ihren Adoptiveltern auf.

Landkarte Indiens mit dem rot eingefärbten Bundestaat Tamil Nadu, in welchem die Ethnologin Pien Bos in den frühen 2000er Jahren ihre Forschung zu leiblichen Müttern durchführte.

Sundari und ihr Geliebter: unterschiedliche Kasten und Religionen

Im Jahr 2002 war Sundari[FN3 Die Fallgeschichte von Sundari stammt aus dem folgenden Beitrag: Bos, Pien (2024). Ein Kind weggeben. Die Sicht indischer Mütter. In Andrea Abraham, Sabine Bitter & Rita Kesselring (Hrsg.), Mutter unbekannt. Adoptionen aus Indien in den Kantonen Zürich und Thurgau, 1973–2002 (S. 29-52). Chronos.] (Name geändert) 22 Jahre alt und gehörte im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu der christlichen Nadar-Gemeinschaft an. Nachdem sie die 10. Klasse abgeschlossen hatte, suchte ihre Mutter einen geeigneten Bräutigam mit einer passenden Herkunft für sie – Nadar-christlich, mit einem «guten familiären Hintergrund», und finanziell abgesichert. Sundari aber verliebte sich, während ihre Mutter die Hochzeitsverhandlungen mit einem potenziellen Ehemann führte, in ihren Arbeitskollegen, einen 25-jährigen Mechaniker aus der Firma, in der sie als Näherin arbeitete. Ein Jahr lang führten Sundari und ihr Geliebter eine Liebesbeziehung. Sie sprachen über Heirat und träumten von einer gemeinsamen Zukunft, obwohl Sundari wusste, dass sie sich ihren Bräutigam nicht selbst aussuchen durfte und dass der Mann, in den sie sich verliebt hatte, für ihre Mutter niemals akzeptabel sein würde. Denn er gehörte der tieferen «scheduled caste» (indisches Kastensystem) an und war Hindu, also Mitglied der «falschen» Religion. Sundari wurde schwanger und damit brach das Chaos über ihr Leben herein. Als ihre Mutter davon erfuhr, schrie sie, weinte und misshandelte ihre Tochter körperlich. Die Hochzeitsverhandlungen mit dem ausgewählten Bräutigam wurden aber nicht abgebrochen. Für eine legale Abtreibung war es bereits zu spät. So beschloss die Mutter, ihre schwangere Tochter in einer Institution für unverheiratete Mütter (Shelter) zu verstecken, bis sie ihr Kind geboren hatte, und es dann zur Adoption freizugeben.

Für Sundari war es unangemessen und unmöglich, ihrer Mutter zu widersprechen. Sie fühlte sich sehr schuldig, weil sie Schande über sie gebracht hatte.

Video

Interview mit der Kulturanthropologin Pien Bos über indische Mütter, die ihre Kinder zur Adoption freigaben, Juni 2023, St. Gallen.

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00:00:00 Pien Bos
My name is Pien Bos and I'm from the Netherlands.

00:00:03 Pien Bos
I'm a cultural anthropologist and I did a lot of research in the field of adoption, but then from the perspective of the mothers.

00:00:13 Pien Bos
So I work as assistant professor.

00:00:17 Pien Bos
But this research I did as PhD student for the Ratwald University in Nijmegen.

00:00:22 Andrea Abraham
So you are one of the very few researchers that I know of that is actually doing research on a very invisible group, the birth mothers.

00:00:31 Andrea Abraham
And can you please explain how you came up with this idea on doing research on these group of people?

00:00:38 Pien Bos
Yeah.

00:00:39 Pien Bos
In the nineties I was working for an adoption agency and in the Netherlands was my first job and I very much believed in adoption as a very good intervention.

00:00:52 Pien Bos
In those days this was the dominant discourse anyway, in society, in the dutch society.

00:00:58 Pien Bos
And I thought, well, there are children without parents and there are parents without children.

00:01:02 Pien Bos
So one plus one is three, I thought.

00:01:07 Pien Bos
And then I worked in this agency and more and more questions raised in my mind, like, what is going on on the other side of the world?

00:01:17 Pien Bos
And there were ideas among the social workers, like about the background of the children.

00:01:23 Pien Bos
But I was just wondering, did anybody ask these women themselves?

00:01:29 Pien Bos
And nobody did.

00:01:31 Pien Bos
So that's the reason why I eventually wrote a research proposal and this was funded by the Ministry of Justice and by the Ministry of research and education from the Netherlands.

00:01:48 Andrea Abraham
So it was quite a challenge to actually do this study.

00:01:52 Andrea Abraham
Could you talk about the main challenges that you faced?

00:01:55 Pien Bos
And, well, getting funding is a challenge, but that's what I succeeded with.

00:02:02 Pien Bos
And then the next worry for me was getting access, getting access to the mothers, because people told me, well, nobody wants to talk to you.

00:02:14 Pien Bos
This is a taboo.

00:02:17 Pien Bos
Why should a woman share this with you?

00:02:20 Pien Bos
And you can talk to the social workers so they will give you the information.

00:02:25 Pien Bos
But that was not what I was interested in.

00:02:28 Pien Bos
So that was a big worry for me.

00:02:30 Pien Bos
Do I get access to the mothers?

00:02:34 Pien Bos
Would they like or choose to talk with me and to share this very delicate and sensitive life history?

00:02:45 Andrea Abraham
And how did you manage eventually to talk to them?

00:02:50 Pien Bos
That's a long story.

00:02:52 Pien Bos
It has to do with some practical things, but also luck.

00:03:00 Pien Bos
And these practical things are not so very interesting.

00:03:04 Pien Bos
But what is important is when I finally got access, these women were very eager to talk with me.

00:03:12 Pien Bos
So once I was sitting down with them, I hardly asked questions.

00:03:18 Pien Bos
They just shared their stories, sometimes several times and for hours.

00:03:25 Pien Bos
So this was.

00:03:30 Pien Bos
I talked with women who were.

00:03:32 Pien Bos
Many women who were in that actually period of their life, that they were carrying a child as an unmarried mother or just delivered the baby.

00:03:43 Pien Bos
So there was a lot of issues going on and there was a lot of panic and very difficult circumstances.

00:03:51 Pien Bos
And they were actually quite happy to share this period of life with me and also with my assistant, who was a professional social worker and who counselled them sometimes.

00:04:04 Pien Bos
So it was not just only very sac interviewing, but sometimes we parked the interview and stepped into another role.

00:04:14 Andrea Abraham
Today in your presentation, you mentioned a very powerful sentence.

00:04:18 Andrea Abraham
You said that also in India it is possible to raise a child as a single mother if you stay away from the agencies.

00:04:26 Andrea Abraham
Can you be more precise on this sentence?

00:04:29 Pien Bos
Yeah.

00:04:29 Pien Bos
What I try to explain today is that the stigma of unmarried mothers in India is really very severe.

00:04:37 Pien Bos
It causes a lot of suffering.

00:04:41 Pien Bos
That's clear.

00:04:43 Pien Bos
I mean, there's no doubt or discussion about this.

00:04:46 Pien Bos
But relinquishing a child, if young mothers, we are talking about teenagers, children themselves.

00:04:57 Pien Bos
If these girls relinquish a child for adoption, this is an irrevocable, irreversible decision.

00:05:05 Pien Bos
It can never be made undone, and the child will live the life of their mother.

00:05:12 Pien Bos
And there is no power anymore to get in touch.

00:05:17 Pien Bos
They are depending on the goodwill of adoptive parents somewhere on the other side of the world.

00:05:22 Pien Bos
So this is a very big intervention in a young life of a child, of two children.

00:05:31 Pien Bos
I also spoke with women who reflected upon that in India, but also in Vietnam and also in the Netherlands.

00:05:41 Pien Bos
And one thing is clear, the lives of these girls or these women, these young women, these lives change.

00:05:50 Pien Bos
They become older, maybe they really become old.

00:05:54 Pien Bos
Sexuality has a different place in the culture when you are old.

00:05:59 Pien Bos
Different meaning they get mature, sometimes they become mother again.

00:06:05 Pien Bos
And one thing is clear, they never forget about this child.

00:06:09 Pien Bos
It always remains their child in their experience.

00:06:13 Pien Bos
And signing a document doesn't change anything about that.

00:06:17 Pien Bos
They have their lifelong worries about a child.

00:06:22 Pien Bos
Did I do the right thing for my child?

00:06:25 Pien Bos
So I think we should be aware of the impact of this intervention.

00:06:34 Pien Bos
And actually, after 20 years, I think we should not do intercountry adoption anymore because it doesn't do right how mothers experience their motherhood.

00:06:52 Pien Bos
And I, they don't experience that.

00:06:56 Pien Bos
They become the ex mother.

00:06:58 Pien Bos
And the mothers that I spoke with who raised their children as unmarried mothers, they did not have an easy life, that's clear.

00:07:07 Pien Bos
But they did not have a new stigma, the stigma of a bad woman, a bad mother who is willing to sell a child.

00:07:18 Pien Bos
That's how people mention it.

00:07:21 Pien Bos
Like a mother who gives her child away.

00:07:23 Pien Bos
What kind of mother is she?

00:07:25 Pien Bos
So they were.

00:07:30 Pien Bos
The motherhood gave them power.

00:07:33 Pien Bos
Power to be proud and to be true to themselves, and it gave them also agency.

00:07:44 Andrea Abraham
And do you know anything about their children, the status of their children in society, children of mothers, of, of unwed mothers?

00:07:54 Pien Bos
It depended.

00:07:55 Pien Bos
I've interviewed mothers who left their family or sent away, and they were living separate from families who were not in touch anymore, and they were working in the city in households or expert companies or whatever.

00:08:11 Pien Bos
But I also spoke with especially one mother who was raised in a village.

00:08:19 Pien Bos
It's almost one full chapter in my book, with all the layers of difficulties also.

00:08:25 Pien Bos
But she was supported by her parents, and there was a big stigma.

00:08:31 Pien Bos
Indeed.

00:08:32 Pien Bos
But she managed, and she also was proud of herself.

00:08:38 Pien Bos
And people also respected her in a way for doing what she did.

Während das «Unmögliche» hier die religiöse Zugehörigkeit in Kombination mit der Kastenzugehörigkeit war, konnten auch Konstellationen wie eine Liebesgeschichte mit einem verheirateten Mann oder nicht-eingelöste Eheversprechen dazu führen, dass die Beziehung nicht weitergeführt werden konnte und die Frau zu einer alleinstehenden Mutter wurde.

Lahna und Farookh: Affäre mit einem verheirateten Mann

Manche Frauen lösten sich nach bemerkter Schwangerschaft aus der Liebesgeschichte, ohne den Männern davon zu erzählen. Daran erinnert sich Kinjal Sethi (Name geändert)[FN4 Andrea Abraham und Asha Narayan Iyer haben Kinjal Sethi während ihres Forschungsaufenthalts in Indien im April 2023 interviewt.], die ab den 1970er Jahren im indischen Bundesstaat Maharashtra eine Adoptionsvermittlungsstelle leitete. Sie hat in einem unveröffentlichten Büchlein verschiedene Adoptionsgeschichten, die sie in ihrer Funktion erlebt hat oder die ihr zugetragen worden sind, zusammengefasst. Eine der Geschichten beschreibt sie aus der Perspektive von Lahna (Name geändert), die sich in den 1970er Jahren von ihrer Tochter getrennt hat: 

«Ich war erst 15 Jahre alt [...]. Ich ging in die Dorfschule. Nach der Schule ging ich zum Nachhilfeunterricht zu meinem Mathelehrer nach Hause. Wir verliebten uns ineinander, und ich empfing ein Kind. [...] Ich wusste, dass er verheiratet war, also habe ich ihm nicht gesagt, dass ich schwanger war. In den ersten Tagen meiner Schwangerschaft wurde er in ein anderes Dorf versetzt. Ich behielt mein Geheimnis für mich.»

(Auszug aus Kinjal Sethis unveröffentlichtem Büchlein) 

Kinjal Sethi erzählt, dass Lahna anonym in die Stadt ging, um ihr Kind zu gebären. Kurz nach der Geburt fasste sie den Entschluss, ihre Tochter Kinjal Sethi zu übergeben, mit der Bitte, sie von einer Familie adoptieren zu lassen, «die ihr Liebe und Geborgenheit geben könnte, wie sie es unter glücklicheren Umständen getan hätte.» Die Tochter wurde danach an ein Ehepaar vermittelt.

Rund dreissig Jahre später kontaktierte die adoptierte Frau Kinjal Sethi, da sie sich für ihre Herkunft interessierte. Kinjal Sethi begann mit der Mutter Kontakt aufzunehmen und beschreibt, was die erste Kontaktaufnahme bei der Mutter auslöste: 

«Als wir ihre leibliche Mutter zum ersten Mal durch eine getarnte Nachricht kontaktierten, befand sie sich in einem Zustand der Angst und des Schocks und war fast suizidal. Sie arbeitete für einen Bauern im Dorf, der große Felder mit Jasminblüten anbaute. Der Bauer sah ihren Schockzustand und bat sie, ihre Geschichte zu erzählen. Er war ihr eine große Stütze und ermutigte sie aktiv, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.»

Vor diesem Hintergrund kam es schliesslich dazu, dass sich Mutter und Tochter kennenlernten.

Die vier Beispiele zeigen, dass Mütter ihre Kinder in den 1970er bis 2000er Jahren in der Regel nur in gesellschaftlich anerkannten Eheverhältnissen behalten konnten. Unterschiedliche Religions- und Kastenzugehörigkeit führten meist zu komplizierten bis unmöglichen Liebesgeschichten. Wie sehr dies die Menschen beschäftigt, zeigt sich in der indischen Filmwelt mit dem beliebten Filmgenre «Interfaith romance»[FN5 Eine Übersicht zu Duzenden solcher indischer «interfaith romance films» findet sich unter Category: Indian interfaith romance films - Wikipedia]: Seit den 1960er Jahren kämpfen Liebespaare, die unterschiedlichen Religionen angehören, auf den indischen Kinoleinwänden um ihr Zusammensein, das von ihrem sozialen Umfeld nicht vorgesehen ist (siehe auch die Geschichte «Alleinstehende Mütter in Literatur und Film»).