Gehört zu diesen Geschichten:
Manche Zürcher und Thurgauer Paare liessen sich das zukünftige Adoptivkind von Mitarbeiterinnen oder Vertretern von Adoptionsvermittlungsstellen aus Indien bringen. Andere reisten selbst dorthin, um es in Empfang zu nehmen. Oft kamen auch Flugbegleiterinnen zum Einsatz wie etwa bei Terre des hommes in Lausanne und Adoption International.[FN1 StATG 4'635, 10/13, Schreiben von Terre des hommes an Infirmerie de l’Aéroport in Genf, 11.4.1978 und StATG 4'635, 0/4, «Wegweiser Indien, Dokumente, nötig für Indien» von Adoption International, 1.6.1985.]
Die indischen Babys und Kleinkinder flogen ab dem damaligen Bombay, Kalkutta, Bangalore (heute Mumbai, Kolkata, Bengaluru) oder Neu-Delhi und landeten in Zürich-Kloten oder Genf-Cointrin. Mehrere Fluggesellschaften zeigten sich bei diesen interkontinentalen Kindertransfers besonders erkenntlich. So hob die Zürcher Adoptionsvermittlerin Christina Inderbitzin 1981 in der Schweizer Frauenzeitschrift Femina die hilfreiche Rolle der nationalen Schweizer Fluggesellschaft hervor: «Wir haben mit einer Swissair-Kontaktperson in der Schweiz und in Bombay ein Reise-/Transport-System aufgebaut, das bestens klappt.»[FN2 BAR E4300C-01#1998/299#608*, Zeitschriftenartikel von Ursula Dubois, Titel: «Nur stetige Bemühungen führen zum Ziel», in: Femina, 9.9.1981, Nr. 18, S. 75.] Und die Genfer Adoptionsvermittlerin Jo Millar äusserte 1989 im Bordmagazin der Air India, dass sich diese Fluggesellschaft «einmal mehr grosszügig und hilfreich gezeigt» habe.[FN3 BAR E2200.64#1998/111#22*, Tara Ali Baig: Adoption is a new life, in: SWAGAT, Zeitschrift der Indian Airlines, März 1989, S. 129.]
In Indien wurde das Air-Escort-System jedoch kritisiert: Die Reisebegleitung für Babys, die von Hostessen sogar an dienstfreien Tagen geleistet werde, laufe oft im Verborgenen und «unmenschlich» ab, konstatierte der indische Jurist M. J. Antony 1982.[FN4 M. J. Antony: Child Adoption. Law and Malpractices. New-Delhi 1984. S. 15.] Der renommierte Anwalt Laxmikant Pandey beklagte die Praxis bei internationalen Adoptionen generell: Die Kinder würden auf dem Weg ins Ausland ihr Leben riskieren, seien oft mangelhaft betreut und in Gefahr, ausgebeutet und missbraucht zu werden. Er beantragte deshalb beim Obersten Gerichtshof Indiens, Richtlinien zu erlassen, um die Sicherheit der Babys zu erhöhen. Daraufhin wurden 1984 mit einem wegweisenden Urteil die sogenannten Laxmikant-Pandey-Richtlinien verabschiedet.